Franz Liszt: Präludium und Fuge über B-A-C-H
Werke aus dem Notenmotiv B-A-C-H zu komponieren, ist keine Idee Liszts und doch sind seine Werke wohl in dieser Hinsicht am berühmtesten. Schon Johann Sebastian Bach selbst nutzte den glücklichen Umstand, dass sein Name in Noten ausgedrückt werden kann und ,signierte’ so einige seiner Werke auf kunstvolle Weise. Darauf aufbauend adaptierten Robert Schumann und Johann Georg Albrechtsberger diese Kompositionsidee in ihren Hommagen. Liszt setzt dem als ,Aquinus der Musik’ idolisierten Bach in seinem Werk „Präludium und Fuge über B-A-C-H“ gleich an über fünfundzwanzig Stellen ein Denkmal. In diesem, wie auch in den Werken von Liszts Zeitgenossen wird neben der Verehrung Bachs auch gleichzeitig ein einfühlsames Verständnis für die vergangene Klangwelt deutlich. Durchaus inspiriert von der 1844 erschienenen Peters-Ausgabe der Bach’schen Werke findet sich die unromantische, karge Notationsweise auch in Liszts Präludium und Fuge wieder.
Liszt ging mit diesem Werk einem mehrfach geäußerten Wunsch nach, sich intensiv mit Bach auseinander zu setzten. Er schuf ein bachbezogenes Werk auf dessen ureigenstem Instrument, der Orgel. Außerdem bewegte Liszt ein Auftrag des Merseburger Domorganisten David Hermann Engel zu der Komposition. Dieser benötigte sie für die Einweihung der neuen Orgel. Letztendlich schaffte es Liszt jedoch nicht pünktlich, seine Komposition zu vollenden. Sie wurde erst über ein halbes Jahr später, im Frühsommer 1856, von einem seiner Schüler uraufgeführt. Der gebürtige Weimarer Alexander Winterberger beeindruckte Liszt schon zuvor mit seinem virtuosen Pedalspiel und stellte einen dritten Beweggrund für Liszts Komposition dar. So erklang das Werk immerhin im zweiten Merseburger Domkonzert mit der neuen Orgel.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Anzahl von insgesamt vier Fassungen dieses Werks. Nach der ersten Fassung 1856 entstand 1869 eine Neufassung mit vereinfachtem Pedal, ebenfalls für Orgel. Parallel dazu transkribierte Liszt jeweils kurz nach Veröffentlichung der Orgelfassung eine daran angelehnte Fassung für Klavier. Die revidierte Orgelfassung wurde vermutlich im Juli 1869 unter Alexander Wilhelm Gottschalg, einem engen Freund, in der Stadtkirche zu Weimar uraufgeführt. Ebendiese Fassung erklang auch im Rahmen der Festwoche zur Namensgebung der Hochschule für Musik FRANZ LISZT am 23. Oktober 1956. Als Aufführungsort diente, ganz im Sinne der Uraufführung, die Herderkirche. In der vorliegenden Aufnahme jenes Konzertes interpretiert der renommierte Nationalpreisträger Professor Johannes-Ernst Köhler das Werk.
Lorenz Kestler