Johann Sebastian Bach: Violinkonzert E-Dur (BWV 1042)
Von Johann Sebastian Bach sind heute nur zwei Violinkonzerte – das Violinkonzert A-Moll BWV 1041 und das Violinkonzert E-Dur BWV 1042 – in Urfassung erhalten, wobei letzteres lange Zeit zu Unrecht als sein zweites galt. Eine genaue Datierung ist zwar nicht möglich, jedoch erinnert besonders der erste Satz kompositorisch stark an die „Brandenburgischen Konzerte“. Sowohl das Violinkonzert E-Dur als auch die „Brandenburgischen Konzerte“ entstanden, wie man aus stilistischen Untersuchungen schließen kann, während Bachs Zeit als Hofkapellmeister am Köthener Hof unter Fürst Leopold von Anhalt-Köthen zwischen 1718 und 1723.
Das Violinkonzert weist – wie für viele frühe Solokonzerte von Bach üblich – einige Merkmale der Konzerte von Antonio Vivaldi auf. Bach setzte sich intensiv mit den Konzerten Vivaldis auseinander und adaptierte oder bearbeitete einige von ihnen, wie beispielsweise das Violinkonzert op. 3. Eine Auffälligkeit des Violinkonzertes BWV 1042 stellt das Orchestervorspiel dar, das mehrmals auftaucht und dabei schrittweise verändert wird, ein sogenanntes Ritornell. Zu den weiteren Merkmalen des Stiles von Vivaldi gehören der klare harmonische Aufbau, die Dreiklangsmelodik und die Verwendung von Sequenzen.
Der erste Satz des Violinkonzertes steht in einer typischen A-B-A-Form und beginnt mit einem charakteristischen aufsteigenden E-Dur-Dreiklang. Für den Mittelteil des Satzes moduliert Bach in die Paralleltonart Cis-Moll, die er auch für den anschließenden zweiten Satz verwendete. Diese Tonart verleiht den Abschnitten eine weichere und entrücktere Färbung, ohne dabei den heiteren und lebensfrohen Charakter des Gesamtwerkes zu verleugnen. Nachdem die tiefen Streicher zu Beginn des folgenden langsamen Satzes das Thema vorgestellt haben, übernimmt die Solo-Violine, die im Gegensatz zum ersten Satz, in dem sich solistische und Tutti-Passagen abwechseln, in diesem Satz dominiert. Obwohl sie dabei häufig beinahe über dem restlichen Orchester zu schweben scheint, tritt auch hier die Solostimme immer wieder in Dialog mit den übrigen Stimmen. Als dritten Satz komponierte Bach ein Rondo und griff dabei den beschwingten Stil des ersten Satzes erneut auf. Im Unterschied zu diesem erklingt das Thema in diesem abschließenden Satz jedoch fünfmal unverändert.
Die Interpretation des Violinkonzertes BWV 1042 wirft bis heute ungelöste Fragen auf. Die Originalquelle befand sich vermutlich im Besitz von Carl Philipp Emanuel Bach, gilt aber bis heute als verschollen. Es existiert lediglich eine Abschrift durch den Berliner Musiker Johann Friedrich Hering aus dem Jahre 1760. In dieser sind jedoch noch sehr wenige Bogenstriche notiert, des Weiteren lassen unterschiedliche Notationen bei Parallelstellen kaum Rückschlüsse auf die ursprünglich angedachte Artikulation zu.
Bei der vorliegenden Aufnahme handelt es sich um einen Mitschnitt des Konzertes vom 24. Juni 1972 anlässlich des 100. Gründungstages der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar. Zu hören sind der Solist Konrad Other sowie das Kammerorchester der Hochschule unter der Leitung von Prof. Fritz Ehlers. Konrad Other studierte Violine zunächst in Dresden, ab 1971 in Weimar und war ab 1975 Erster Konzertmeister des Orchesters der „Komischen Oper“ Berlin.
Laura Maeke