Prof. Dr. Tiago de Oliveira Pinto, Weimarer UNESCO-Lehrstuhlinhaber | Foto: Maik Schuck

Kultureller Ansatz für Nachhaltigkeitspolitik: Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar unterstützt die „Jena Declaration“

Zu den Erstunterzeichnern der "Jenaer Erklärung" zählt UNESCO-Lehrstuhlinhalber Prof. Dr. Tiago de Oliveira Pinto

Auf Initiative von Prof. Dr. Benno Werlen vom „UNESCO Chair on Global Understanding for Sustainability“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena liegt nun „The Jena Declaration“ vor. Diese von mehr als 30 Einrichtungen aus dem In- und Ausland unterzeichnete „Jenaer Erklärung“ fordert einen klaren Strategiewechsel durch einen neuen Kulturansatz für die globale Nachhaltigkeit.

Zu dem Netzwerk gehören namhafte internationale Institutionen wie der Club of Rome, die Weltakademie für Kunst und Wissenschaft, die Academia Europaea sowie auch die Deutschen und die Kanadischen UNESCO-Kommissionen.

Zu den Erstunterzeichnern zählen auch Prof. Dr. Tiago de Oliveira Pinto vom Lehrstuhl für „Transcultural Music Studies“ am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena sowie der Präsident der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, Prof. Dr. Christoph Stölzl.  

In der digitalen Auftaktveranstaltung zur „Jena Declaration“ am Donnerstag, 9. September 2021 um 15:00 Uhr werden neben der Co-Präsidentin des Club of Rome, Mamphela Ramphele, sowie dem Präsidenten der Weltakademie für Kunst und Wissenschaft, Garry Jacobs, auch wichtige Mitunterzeichner*innen der Deklaration wie Prof. Hartmut Rosa, Generalsekretär der Deutschen UNESCO Kommission, Dr. Roman Luckscheiter, Präsident der Leibniz Gemeinschaft, Prof. Matthias Kleiner, die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer sowie Künstlerinnen und Künstler u.a. aus Afghanistan, Iran, Südafrika Rede und Antwort stehen.

Die Veranstaltung ist im Livestream zu erleben unter www.thejenadeclaration.org

Nachhaltigkeit sei mehr als Umwelt- und Klimapolitik, postulieren die Initiator*innen. Ohne gesellschaftliche und kulturelle Nachhaltigkeit werde es nicht gelingen, die 2016 in Kraft getretenen Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen zu erreichen.

Immer mehr Expert*innen wiesen darauf hin, dass die Weltgemeinschaft trotz immenser politischer, rechtlicher und finanzieller Anstrengungen gerade dabei ist, die letzte Chance zum rechtzeitigen Erreichen der globalen Nachhaltigkeitsziele zu verpassen. Eine bloße Intensivierung der bisherigen Mittel scheine nicht auszureichen, um die Agenda 2030 umzusetzen. Ein neuer Ansatz sei dringend notwendig.

Vor diesem Hintergrund fordern die Unterzeichner*innen der Jena Declaration (u.a. vom Club of Rome, der Weltakademie für Kunst und Wissenschaft, der Academia Europaea, der Kanadischen und Deutschen UNESCO Kommissionen) mit einem neuen Kulturansatz einen Strategiewechsel.

Bislang dominierende Top-down-Maßnahmen zur Bewältigung der globalen Herausforderungen könnten der Vielfalt kultureller und regionaler Unterschiede nicht ausreichend Rechnung tragen. So sind viele globale Programme wenig auf die tatsächlichen lokalen Lebensverhältnisse abgestimmt und finden daher wenig Akzeptanz.

„Es braucht eine breit angelegte globale soziale Bewegung, um Denken und Handeln so zu verändern, dass der Übergang zu einem global gerechten, inklusiven und nachhaltigen Leben möglich wird. Dies erfordert eine sorgfältige Abstimmung auf lokale und regionale Bedürfnisse und Bedingungen“, betont Garry Jacobs, Präsident der Weltakademie für Kunst und Wissenschaft und einer der Erstunterzeichner der Deklaration.

„Eine solche weltumspannende Bewegung in Gang zu bringen ist das oberste Anliegen, das wir mit unseren Mitteln, die Musikkultur in ihren gesamten gesellschaftlichen und globalen Dimensionen sehr gut unterstützen können,“ fügt der Weimarer UNESCO Lehrstuhlinhaber Prof. Tiago de Oliveira Pinto hinzu, der auch zu den Initiatoren der Erklärung gehört.

Um den erforderlichen gesellschaftlichen Wandel zu beschleunigen und zu vertiefen, müssten die Vereinten Nationen und politische Entscheidungsträger*innen direkter auf die wichtigsten Akteure des Wandels zugehen – die Bürger*innen mit ihren alltäglichen Routinen und Gewohnheiten.

Ziel der Jenaer Erklärung sei es zuerst, die Aufmerksamkeit stärker auf die kulturelle, regionale und historische Einbettung menschlichen Handelns lenken. Darauf aufbauend fordert sie alle auf, integrative, auf die lokalen Bedingungen abgestimmte Lösungen zu entwickeln. Das verlange zuerst nach einer respektvollen Würdigung und Wertschätzung kultureller Vielfalt.

Das Programm der Erklärung zielt demgemäß darauf ab, Menschen aller Altersgruppen – vor allem aber jüngerer Generationen – und verschiedenster kultureller, sozialer und regionaler Hintergründe zu erreichen und es ihnen zu erleichtern, lokal im Sinne globaler Nachhaltigkeit zu handeln.

Der notwendige Wandel reiche dabei in alle Lebensbereiche hinein, wie Mamphela Ramphele, Co-Präsidentin des Club of Rome am Beispiel der Bildung hervorhebt: „Die Menschheit ist gegenwärtig mit einer Vielzahl miteinander verbundener planetarischer Krisen konfrontiert. Aus dieser Situation müssen wir die richtigen Schlüsse ziehen und beispielsweise nicht nur unser überholtes Bildungssystem mit seinen fragmentierten Fächern und Disziplinen zu hinterfragen. Vielmehr ist auch traditionelles lokales Wissen über die Natur neu in den Blick zu nehmen.“
 
Die Umsetzung der Deklaration erfolgt entlang der drei Programmlinien „Kunst“, „Bildung“ und „Zivilgesellschaft“. Diese werden von einem an der Universität Jena (in Kooperation mit dem Max Weber Kolleg der Universität Erfurt und der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar) eingerichteten Weltsekretariat koordiniert.

„Es ist für Thüringen und Deutschland eine besondere Gelegenheit, zusammen mit so einflussreichen Partnern und einer breiten globalen Bewegung aktiv gestaltend auf die künftige Nachhaltigkeitspolitik einwirken zu können“, so Prof. Benno Werlen, Inhaber des UNESCO Chair on Global Understanding for Sustainability und Leiter der Koordinationsstelle.

[07.09.2021]