UNESCO Chair on Transcultural Music Studies

Der Lehrstuhl

Seit 2009 besteht der Lehrstuhl für Transcultural Music Studies, der 2017 zu einem UNESCO-Lehrstuhl erhoben wurde. Er ist Teil des Instituts für Musikwissenschaft Weimar-Jena, das zur Friedrich-Schiller-Universität Jena und zur Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar gehört.

Der UNESCO Lehrstuhl für Transcultural Music Studies (TMS) der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar (HfM Weimar) ist mit der Living Heritage Entity der UNESCO assoziiert und somit der Konvention von 2003 zum Schutz des immateriellen Kulturerbes verpflichtet. Er ist der weltweit erste musikwissenschaftliche UNESCO Lehrstuhl. Annähernd 60% der in der Repräsentativen Liste der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit eingetragenen Elemente sind musikalisch (Musikinstrumente, musikalische Genres und Praktiken), oder haben mit Musik und Performance und mit den darstellenden Formen allgemein zu tun, z.B. mit Ritualen, Tänzen und Festen, was die Notwendigkeit einer kulturwissenschaftlich und transkulturell orientierten Musikforschung in diesem Bereich unterstreicht. 


Spezifische wissenschaftliche Ansätze und internationale Projektzusammenarbeit stellen die Verbindung zu einzelnen der 17 Sustainable Development Goals der UN her, wie Hochwertige Bildung (4), Geschlechtergleichheit (5), Weniger Ungleichheit (10), Nachhaltige Städte und Gemeinden (11), Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen (16) und Partnerschaften zur Erreichung der Ziele (17). Laufende Projektvorhaben, Forschungen, aber auch Abschlussarbeiten von Absolventen des Lehrstuhls sind stets mit einzelnen oder mehreren dieser SDs befasst. So ging es in einer Promotion von 2022 insbesondere um die mögliche Rolle lebendiger Kulturpraktiken bei der Förderung von Friedensaushandlungen in Konfliktregionen von Kolumbien.

Der UNESCO Chair on Transcultural Music Studies widmet sich der Musik und ihrer Erforschung aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive. Dabei sind sämtliche, weltweit existierenden musikalischen Stile von Interesse. Als UNESCO Lehrstuhl vertritt er den Bereich des Immateriellen Kulturerbes (UNESCO-Konvention von 2003). Musik als lebendiges, nicht fassbares Kulturerbe in der Definition der UNESCO ist hier erstmals integraler Bestandteil in der fachlichen Ausrichtung eines musikwissenschaftlichen Lehrstuhls.

Am UNESCO Lehrstuhl für Transkulturelle Musikforschung wird das Musikmachen und seine Rezeption im erweiterten sozialen und kulturellen Kontext untersucht. Die kulturtheoretisch und anthropologisch orientierte Musikforschung befasst sich neben der Dokumentation, Analyse und Vermittlung auch mit betont anwendungsbezogenen Ansätzen, die auf internationalen Forschungs- und Austauschprojekten beruhen. Der Lehrstuhl kooperiert bereits mit einem Netzwerk von wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen in Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika.

UNESCO Lehrstühle verfolgen grundsätzlich die Zielsetzung, innerhalb des fachlichen Mandats dieser Organisation durch ihre wissenschaftliche Arbeit und in der Lehre einen Beitrag zu Frieden und nachhaltiger Entwicklung zu leisten.

Süd-Süd-Dialog

Gemeinsame Forschungsprojekte zu unterschiedlichen Aspekten lokaler Musiktraditionen werden derzeit in Afghanistan, Äthiopien, Bangladesch, Brasilien, Deutschland (Thüringen und Sachsen-Anhalt), Kuba, Tansania, Thailand, Südafrika und in der Ukraine durchgeführt. Hiermit existiert ein vom Chair initiiertes aktives Süd-Süd-Netzwerk im Bereich von Erforschung, Dokumentation und der Förderung immateriellen und musikalischen Kulturerbes. Dieser Verbund unterstützt zugleich die fachliche Evaluation der weltweiten Auswirkungen der UNESCO Konvention zum Schutz und zum Erhalt des immateriellen kulturellen Erbes“ (2003).

Ein internationales Netzwerk

Der Weimarer UNESCO Chair ist Teil eines Netzwerks von Forschungseinrichtungen, das die Arbeit der UNESCO mit wissenschaftlicher Expertise unterstützt und begleitet. In Forschung und Lehre sowie internationalen Kooperationen verfolgen UNESCO Lehrstühle grundsätzlich die Zielsetzung, innerhalb des fachlichen Mandats der Organisation durch ihre wissenschaftliche Arbeit einen Beitrag zu Frieden und nachhaltiger Entwicklung zu leisten. Die Bedeutung des Netzwerks von UNESCO Lehrstühlen nimmt vor dem Hintergrund der aktuellen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung noch einmal zu.

Chairholder

Tiago de Oliveira Pinto (Weimar-Jena/ São Paulo) ist seit 2009 Inhaber des Lehrstuhls für Transcultural Music Studies an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, seit 2017 Direktor des Institutes für Musikwissenschaft Weimar-Jena. In 2016 wurde sein Lehrstuhl zum UNESCO Chair erhoben.


Promotion 1990 an der Freien Universität Berlin in Musikwissenschaft und Kulturanthropologie. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Institut für Traditionelle Musik, Berlin, von 1990-1996. Dort gab er u.a. mit die UNESCO Collection heraus, eine renommierte Schallplattenreihe, die für die UNESCO produziert wurde. Bis 2002 war Tiago de Oliveira Pinto in der Kulturabteilung des brasilianischen Außenministeriums u.a. als Direktor des Brasilianischen Kulturinstituts in Deutschland tätig. 2001-2006 hatte er eine Professur am Institut für Sozial-Anthropologie der Universidade de São Paulo (USP) inne. Der Postgraduierten Kommission dieses Instituts gehört er bis heute an. 2006–2008 lehrte er an der Universität Hamburg. 


Zahlreiche Feldforschungen in verschiedene Regionen der Welt sind in den Publikationen von Prof. de Oliveira Pinto dokumentiert. Seit den 1990er Jahren wirkt er auch als Kurator von Kultur- und Kunstausstellungen und hat zahlreiche Musikproduktionen und Klanginstallationen konzipiert.