Nicolae Vezure

kam als Erasmus-Student an die HfM Weimar und studierte bis 2018 im Masterstudiengang Klavier in der Klasse Prof. Balázs Szokolay. Bereits zu Studienzeiten lernte er als Inspizient das Leben hinter der Bühne zu schätzen – und stieg nach seinem Studienabschluss ins Veranstaltungsbüro der Hochschule ein.

Hier blickt Nicolae Vezure auf zwei besonders prägende Momente seiner Studienzeit zurück:

 

Der Kampf um Überäume:

Choreografierte Konzertpause:

Transkript zu "Der Kampf um Überäume":

Hallo, ich bin Nicolae Vezure und seit 2019 Mitarbeiter im Veranstaltungsbüro der Hochschule. Ich habe hier in Weimar Master im Fach Klavier bei Professor Balázs Szokolay studiert, den es an unserer Hochschule inzwischen leider nicht mehr gibt. Ich kann sagen, das war die spannendste Zeit meines Lebens.


Mein erster Kontakt zur Hochschule war als Erasmus-Student. Anschließend habe ich zwei Jahre weiter Klavier studiert – und das waren zwei ganz harte Jahre. Damals gab es viel mehr Pianisten als jetzt und unser Alltag bestand aus einem Kampf um Überäume. Wir waren ein harter Kern, der immer um 6:00 Uhr aufgewacht ist und um 7:00 Uhr vor der Pforte stand und nach Räumen gesucht hat, um vielleicht bis 9:00 Uhr üben zu dürfen. Das ist ein Hauptteil meiner Erinnerungen an dieser Hochschule.


Damals gab es ein Sofa in der Cafeteria, das war richtig gemütlich. Es gab auch Kollegen, die dort eingeschlafen sind. (lacht) Es war auch eine nette Gemeinschaft, vor allem unsere Klasse. Wir waren ziemlich oft zusammen, wir haben zusammen gefeiert, musiziert und auch erstaunlicherweise ehrliche Meinungen ausgetauscht, was heutzutage leider immer weniger wird unter den Musikern.


Wir Pianisten müssen extrem viel üben. Nach einigen Monaten war die Übezeit im Fürstenhaus unzureichend. Natürlich werden Geheimnisse nicht geteilt, wenn es irgendwo einen Ort gibt, wo man ein bisschen mehr üben kann. Durch einen Kollegen habe ich das Beethovenhaus in Belvedere entdeckt. Dieser Kollege hat am Anfang auch Erasmus gemacht und nach ein paar Monaten war er gar nicht mehr zu sehen. Er war einfach verschwunden und hat gar nicht mehr geübt.


Dann bin ich zufällig nach Belvedere gefahren und wollte das Haus entdecken. Und wer war dort? Dieser Kollege. Er hatte ein strahlendes Lächeln. Er hat sich gefreut, mich zu sehen, und ich meinte: ‚Was ist los mit dir? Du hast gar nicht die Stimmung von uns unten…‘ Darauf sagte er: ‚Hier ist es schön, ich gehe mal im Park spazieren, übe weiter, dann hole ich mir einen Kaffee und übe wieder weiter.‘ ‚Kann man hier so lange üben?‘, fragte ich. Ja, konnte man…


Die Gesangkollegen waren auch so nett und haben sich meistens nur eine Viertelstunde eingesungen. Da hat man eine kurze Pause gemacht und dann durfte man weiterüben. Also, es war sehr entspannt dort.


Natürlich hat sich es nach einiger Zeit herumgesprochen, dass es in Belvedere auch ein paar gute Instrumente zum Üben gibt. Das hat dazu geführt, dass diese Instrumente immer früher besetzt wurden. Der erste Bus fuhr, glaube ich, gegen 6:30 Uhr. Das heißt, ich bin um 6:00 Uhr aufgewacht und habe den ersten Bus nach Belvedere genommen. Nach einer Weile, nachdem sich das herumgesprochen hat, sind auch einige japanische Kolleginnen mitgekommen. Ich war ein bisschen größer und schneller und war damals auch viel sportlicher als jetzt. Ich bin also schneller zum Flügel gekommen.


Was ist passiert? Als der Bus angesagt hat, dass die Belvederer Haltestelle kommen wird, sind sie schnell zur Tür gegangen. Als der Bus die Tür aufgemacht hat, sind sie rausgesprungen und weggelaufen, um die guten Instrumenten zu kriegen. Es ist immer noch lustig für mich, aber natürlich will man sein Ziel erreichen. Aber es gab immer einen Kampf um Überäume, auch in Belvedere.
 


Transkript zu "Choreografierte Konzertpause":

Während des Studiums wollte ich natürlich meinen Lebensunterhalt auch selbst finanzieren. Ein ganz guter Job und eine sehr herzliche Empfehlung für alle Studierende ist die Konzertbetreuung: Dadurch hat man ein bisschen Organisation geleistet, sehr viel Verantwortung gelernt und sehr viele gute Konzerte erlebt!


Ich habe damals beobachtet, dass meine Kolleginnen und Kollegen gar nicht oder nur ganz wenig in die Konzerte der anderen Studierenden gegangen sind. Ich glaube, das ist auch immer noch der Fall. Ich finde das ganz traurig. Mein Kompositions- und Instrumentenkundeprofessor hat immer gesagt: ‚Geht in Konzerte! Auch wenn das Konzert schlecht ist, kann man etwas daraus lernen – und zwar wie man nicht spielen muss.‘ Damit will ich nicht sagen, dass ich das auf den Bühnen im Fürstenhaus oder im Palais oder allgemein in der Hochschule erlebt habe. Aber man kann als Musiker ganz viel daraus lernen, jede Instrumentengruppe und in jedem Fach.


Ich war immer bestrebt, dass die Konzerte eine ganz gute Choreografie und ein schönes Bühnenbild haben, dass alles sehr gut aufgeräumt ist und alles gut aussieht. Bei größeren Konzerten war unter anderem unsere Aufgabe, die Bühne umzubauen, die Notenständer wegzunehmen und einen Flügel wegzuschieben. Das Spannendste waren immer die Tage der Kammermusik. Da ging es zwei Stunden lang nur ums Umbauen (lacht) – und das musste man teilweise ganz schnell leisten.


Ich kann mich noch an ein bestimmtes Konzert im Saal Am Palais erinnern: Ich weiß noch, es fing mit einem Gitarrenensemble an und dann gab es ein Streichquartett und zwei Klaviere. Ich habe mir überlegt: Wie kann ich auf diese kleine Bühne diese drei Sachen zusammenpacken, damit ich erstens weniger Aufwand habe, damit es zweitens ganz schnell geht und dass es drittens auch gut aussieht?


Das hat dazu geführt, dass ich den Flügel in der Flügelgarage des Saals versteckt und die Bühne für das Ensemble aufgebaut habe. Man konnte nicht ahnen, was da alles los ist: An der Bühnenseite gab es ein paar Stühle und auf der anderen Seite ein paar Notenständer. Dann fing meine Choreografie an: Notenständer hinstellen, die Klavierbank an die richtige Stelle setzen und dann der dritte Punkt: Auf einmal mache ich die Türen von der Garage auf und der Flügel rollt heraus. Diese ganze Choreografie fanden die Zuhörerinnen und Zuhörer so spannend, dass sie angefangen haben zu klatschen.


Es war also immer eine Herausforderung, die Konzerte so gut aussehen zu lassen wie möglich. Diese Arbeit hat mir letztendlich auch geholfen, meinen aktuellen Job zu bekommen. Das hat mir den Zugang zur Hochschulverwaltung ermöglicht. Mit diesem Job versuche ich auch, die Probleme, die ich im Studium hatte, für die neue Generation zu erleichtern. Zum Beispiel sind wir gerade dabei, ein Raumbuchungssystem für die ganze Hochschule zu erwerben, damit das jetzige Studienleben der Jüngeren besser wird.