Franz Liszt: Années de pèlerinage Band 3

Nr. 4 Les Jeux d’eaux à la Villa d’Este

Was wäre die Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar ohne die Musik von Franz Liszt? Am zweiten Oktober 1975 erklang in Weimar „Les Jeux d’eau à la Villa d’Este“, das vierte Stück aus dem dritten Band von Liszts „Années de pèlerinage“. Pianist war Martin Högner, Professor für Klavier an der Hochschule und ein Schüler und enger Freund des bedeutenden Liszt-Interpreten Bruno Hinze-Reinhold. Letzterer war von 1916 mit einer Unterbrechung bis zu seiner durch die thüringische Landesregierung erzwungenen Abdankung im Jahr 1933 Direktor der Musikhochschule. Bekannt ist Martin Högner auch durch die Zusammenarbeit mit dem Tenor Bernd Schneider in gemeinsamen Liedinterpretationen, sowie durch das von ihm mitbegründete „Schumann-Trio“.

Franz Liszts Faszination für das Reisen und seine Verbundenheit mit verschiedenen Ländern und Regionen spiegeln sich in vielen seiner Werke wider, so vor allem in der 26 Charakterstücke in drei Bänden für Klavier umfassenden Sammlung „Années de pèlerinage“. Der erste Band handelt von bemerkenswerten Orten in der Schweiz, während der zweite Band Liszts Aufenthalte in Italien zum Thema hat. Der dritte Band wiederum verknüpft verstärkt bestimmte Orte mit bestimmten religiösen Inhalten.

Seit 1867 war Liszt mehrfach bei Kardinal Gustav Adolf zu Hohenlohe in der Villa d´Este zu Besuch. Sie wurde im 16. Jahrhundert von Kardinal Ippolito II. d´Este, einem direkten Nachkommen des Herzogs Alfonso von Ferrara und der berühmten Lucrezia Borgia, in Auftrag gegeben und gilt noch heute als Meisterwerk italienischer Renaissancekultur. Der weitläufige Garten ist durchzogen von Wasserspielen, Fontänen und Brunnen und übte seit jeher Faszination auf Besucher aus. Liszts „Jeux d’eaux“ beschreiben zum Einen das Spiel der glitzernden Fontänen in den Wasserspielen der Villa; in Takt 144 kommentierte Liszt den Notentext zudem mit einem Bibelzitat vom „Wasser des Lebens“ und stellte das in der Tonart Fis-Dur stehende Werk somit in einen religiösen Kontext.1

Der dritte Band entstand wesentlich später als die beiden vorhergehenden und lässt Liszts musikalische Entwicklung hin zu seinem Spätwerk gut nachvollziehen. So rückte Liszts Virtuosität nach und nach in den Hintergrund und neuartige musikalische Gedanken sowie harmonische Experimente drängten in den Vordergrund. Ab 1861 bis etwa 1879 hielt sich Liszt überwiegend in Rom, Budapest und Weimar auf und wandte sich intensiv einer streng religiösen Lebensweise zu. Von seinem Vertrauten, dem Kardinal in der Villa d´Este, empfing Liszt die niederen Weihen und zählte fortan als Kleriker zum Kirchenstaat.2

Franz Merker


1 Vgl. David Butler Cannata, „Perception & Apperception in Liszt's Late Piano Music“, in: Journal of Musicology, 1997, S. 193f.
2 Vgl. Deszö Legany, „Liszt in Rom – Nach der Presse“, in: Studia Musicologia Academiae Scientarium Hungaricae, 19/1977, S. 85–107, hier: S. 97f.