Franz Liszt: Concerto pathétique in E-Moll

Das erstmals 1865 in Leipzig veröffentlichte „Concerto pathétique pour deux Pianos“ (S258/2) in E-Moll ist wohl eines der anspruchsvollsten und ehrgeizigsten Werke für zwei Klaviere von Franz Liszt. Es entstand als Weiterentwicklung seines „Grossen Concert-Solos“ von 1849/1850 (S176) und obwohl sich beide Stücke zwar strukturell nicht unterscheiden, werden Liszts musikalische Ideen durch den konzertanten Charakter der zwei Klaviere im „Concerto pathétique“ erst vollkommen zur Geltung gebracht.
Die Grundidee des Werkes beschäftigte Liszt insgesamt über einen Zeitraum von fünfunddreißig Jahren: Das Arrangement für zwei Klaviere entstand schon um 1855, war aber lediglich als beliebtes Übungsstück unter seinen Schülern bekannt. Auch eine skizzenhafte Orchesterfassung (S365) entstand, wie die erste Klavierversion, um 1850. Jedoch erst 1886 erschien eine von seinem Schüler Eduard Reuß angefertigte Neufassung für Klavier und Orchester. Hierauf war Liszt ein Jahr zuvor aufmerksam geworden und gab sie nach einigen Änderungen sowie Korrekturen zur Veröffentlichung frei.

Der seltsam anmutende Titelzusatz „pathétique“ ‒ welcher sich als ,pathetisch‘ oder ,leidenschaftlich‘ übersetzen lässt ‒ deutet auf die experimentelle Natur des Werkes hin, die sich auch in der musikalischen Form widerspiegelt: Wie bereits in Liszts durchaus bekannteren „Sonate für das Pianoforte“ in H-Moll (S178) wird im „Concerto pathétique“ und dessen Vorlagen bereits die sogenannte Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit vorweggenommen. Hierbei ,verschmelzen‘ eigentlich getrennte Sätze durch eine übergreifende Formdramaturgie zu einem groß angelegten einzigen Stück.

Die ungefähr 19-minütige hier veröffentlichte Aufnahme entstand am 25.10.1956 mit Juliane Lerche und Ingeborg Herkomer an zwei Klavieren. Die beiden bereits verstorbenen Musikerinnen sind in mehrerlei Hinsicht keine Unbekannten: Während Lerche nach 8 Jahren an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar schließlich 1956 eine Professur erhielt, bekam Herkomer diese nach 15 Jahren, und zwar 1966. Doch auch neben ihren Berufungen und Lehrtätigkeiten im Hochschulbetrieb begeisterte das Weimarer Klavierduo mit durchweg positiv rezensierten Instrumental- und Konzertaufführungen das Publikum. Gleichermaßen hinterließen sie etliche Musikeinspielungen bekannter Werke von zahlreichen Komponisten, die auch heute noch erhältlich sind und die Fähigkeiten der beiden Pianistinnen zeigen.

Viktor Heinrich