Franz Liszt: Arbeiterchor

Für Männerchor mit Bass-Solo und Klavierbegleitung

In diesem Tondokument ist der im Jahr 1848 komponierte "Arbeiterchor" von Franz Liszt zu hören.

Die Besetzung des Werkes sieht einen Männerchor sowie ein Bass-Solo vor und ist ursprünglich mit Klavierbegleitung komponiert. Späterhin haben sowohl Anton Webern als auch Leo Weiner eine Bearbeitung veröffentlicht, worin das Klavier durch eine orchestrierte Begleitung abgelöst wurde. Der Text des Werkes stammt von Johann Philipp Kaufmann (1802-1846) – dem Erzieher der Töchter Liszts.1

Zur Geschichte und auch Einordnung der Bedeutung des Werkes im Schaffensprozess von Franz Liszt sei hier besonders auf die Anmerkungen von Hans Rudolf Jung verwiesen. Dieser führt beispielsweise den Umstand auf, dass Liszt ob der zeitlichen politischen Unruhen 1848 um einen Aufschub der Publikation des Werkes bat – wobei er seinem Freund und Verleger Karl Haslinger dafür auch die Entscheidung überließ.2

Zudem stellt Jung einen generellen Bezug zur politischen Überzeugung Liszts her und macht auf frühere politisch inspirierte Werke aufmerksam, die besonders von Claude-Henri de Saint-Simon und Félicité de Lamennais beeinflusst waren – wobei der vorliegende "Arbeiterchor" aus dem späteren politischen Bewusstsein stamme und einen gewissen freimaurerischen Anstrich habe.3

Die politische Grundhaltung von Lamennais ist grundsätzlich gekennzeichnet durch die Forderung nach einer Gesellschaft der Liebe und Brüderlichkeit mit gleichen Bürgerrechten für alle.

Und genau diese Werte scheinen Franz Liszt Zeit seines Lebens beschäftigt zu haben. Das wird auch in dem "Arbeiterchor" ersichtlich, in welchem natürlich schon durch die Wahl des Textes und des grundsätzlichen Sprachduktus’ entsprechende Themen und Thesen in den Vordergrund gerückt werden. Genau dies unterstützt und unterstreicht Liszt jedoch noch durch seine Entscheidung zu einer reinen Männerbesetzung des Gesangsquartettes sowie einem Solo-Bassisten (respektive Bariton) sowie durch die folgende einzige – gleich zweimal – wiederholte Textpassage mit textlicher Umdichtung ("... wir sollen alle Brüder sein" wird zu "...wir müssen alle Brüder sein"4). Und eben diese bewusste Umformulierung unterlegt Liszt mit mehrmaliger großer musikalisch exponierter Schlusssteigerung.

Das Werk ist in seiner generellen Machart und Form relativ schlicht und auch etwas ‚erwartbar‘ gehalten – ein marschartiges "Allegro deciso" im herrschaftlichen Es-Dur mit vorwiegend mitreißenden Forte-Gesangseinsätzen. Möglicherweise ist eben diese gewollte Schlichtheit und wohl auch ein gewünschte ‚Ohrwurm-Charakter‘ das entscheidende künstlerische Qualitätsmerkmal des Werkes; denn hochtrabende innovative kreative künstlerische Wendungen finden sich in diesem "Arbeiterchor" weniger.

Tobias Meichsner
 


1 Vgl. Hans Rudolf Jung, "Zum Autograph des 'Arbeiterchors' von Franz Liszt. Anmerkungen zur Bedeutung dieses Werkes im Schaffen des Komponisten", in: Burgenländisches Landesarchiv (Hrsg.), Burgenländische Heimatblätter 50, Eisenstadt 1988, S. 111–117, hier: S. 113.
2 Vgl. ebd., S. 112, 114.
3 Vgl. ebd., S. 112, 113.
4 Ebd., S. 116.