GEORG KATZER – Junge Musik für Akkordeon

Katzer-Projekt zum Nachhören auf dem YouTube-Kanal der Hochschule

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Musik hören!

Ist das nicht der beste Weg, um Musik kennenzulernen?

Als wir alle mit der ersten Corona-Welle im März 2020 innerhalb unserer vier Wände verweilten, keimte die Idee:
Welches Projekt kann die Studierenden verbinden? Woran können wir gemeinsam arbeiten? Was können wir leisten, um auch Brücken für nachfolgende Generationen zu bauen?
Der Komponist Georg Katzer starb 2019 und hätte im Jahr 2020 sein 85. Jubiläum gefeiert.
Also, warum nicht ein Tondenkmal setzen? Für Georg Katzer und für die junge Generation!

Mit der vorliegenden Aufnahme präsentieren die Akkordeon-Studierenden der Musikhochschulen in Münster und Weimar alle Werke, die Georg Katzer für die Jugend komponierte: "Für Knöpfe" (Band I und II) sowie "Sechs Bagatellen".
37 Kompositionen können gehört, erforscht und neu interpretiert werden. Ein musikalischer Gruß der Hochschule für Musik FRANZ LISZT mit einer Inspiration für Zukünftiges!

Prof. Claudia Buder
 

Fragen und Informationen:

claudia.buder(at)hfm-weimar.de

Chance genutzt: Wie das „Katzer-Projekt“ entstand

Am Anfang steht eine Losschale, am Ende erlebt die Weimarer Musikhochschule einen großen Akkordeontag – mit einem zukunftsweisenden Geschenk. Im April 2020 nutzen sieben Akkordeonstudierende der Musikhochschulen Weimar und Münster die Chance, einer Zeit des scheinbaren gesellschaftlichen Stillstands mit einem innovativen und kreativen Projekt gemeinsam mit den beiden Initiatoren und Lehrenden, Prof. Claudia Buder und Stephan Bahr, zu begegnen: 36 Solostücke für Akkordeon aus der Feder des 2019 verstorbenen Komponisten Georg Katzer, veröffentlicht in den drei Alben Für Knöpfe I, Für Knöpfe II und Sechs Bagatellen, sollen auf CD erscheinen. 

Aus der Idee wächst die Tat: Virtuell werden die Stücke ausgelost, ihre Erarbeitung beginnt. Die Studierenden erhalten den Auftrag, sich diese wichtige Phase des Anfangens in einem künstlerischen Schaffensprozess besonders bewusst zu machen: Wie wirkt der Notentext auf mich? Was sagt das Werk aus? Worin liegen die technischen und musikalischen Herausforderungen? Fingersätze werden ausführlich auf ihre Sinnhaftigkeit und Praktikabilität abgeklopft, bedingen doch Fingerfertigkeit und Gedankenfertigkeit einander in ganz erheblichem Maße. Audiodateien bringen erste Klangergebnisse. Ein reger Austausch über interpretatorische Fragen lässt die Studierenden in Georg Katzers Kompositionsstil eintauchen und sie erahnen, wie es ihn interessiert und angetrieben haben muss, „wenn aufgestellte Ordnungen zerfallen, wenn Statik und Dynamik einander ablösen, ineinander übergehen, wenn Paarungen wie homogen und heterogen, frei und gebunden, homophon und polyphon, in anderer Art Chaos und Ordnung, Geräusch und Klang, Kontinuität und Bruch in Spannung, ,außer Rand und Band‘ geraten.“ (aus der Freitag: Stefan Amzoll, Der Zerfall der Ordnungen) Mit den drei Katzer-Alben gilt es, ein Kompendium hervorragender Charakterstücke aller Schwierigkeitsgrade in ihren spielerischen und gestalterischen Möglichkeiten auf dem Akkordeon zu erforschen und zu erschließen. 

Der Wechsel aus dem Online- in den Präsenzmodus erlaubt im Juli ein Seminar in Münster, das den inzwischen gewachsenen Interpretationen einen ersten konzertierten „Feinschliff“ gibt. Einen zweiten bekommen die Studierenden im August von Gerhard Scherer-Rügert, dem Spiritus Rector dieser Alben, unmittelbar vor den Tonaufnahmen im September 2020. 

Geschafft? Wer die Materie kennt, weiß, dass die Arbeit hier nicht endet – vor allem für den Tonmeister, aber auch für alle anderen Akteure. Takes werden akribisch geprüft und im Mastering zu Tracks finalisiert. Aus den Überlegungen des Projektbeginns und den Erfahrungen der Werkrealisation entstehen die Kommentare für den CD-Katalog. Zu jedem einzelnen Titel werden darin Inspirationen zum Charakter sowie Besonderheiten und Hinweise zur Erarbeitung lebendig beleuchtet – textlich und grafisch.

„Gut Ding will Weile haben und vortreffliche Sachen werden ohne große Mühe und Arbeit nicht erworben“, so der Dichter von Grimmelshausen in seinem abenteuerlichen Simplicissimus Teutsch. Tatsächlich ist es am 25. Juni 2022 soweit: Nach zwei arbeitsintensiven Jahren lädt die Weimarer Musikhochschule zum öffentlichen CD-Release Georg Katzer – Junge Musik für Akkordeon ein. Umrahmt wird dieses Ereignis von einem ganztägigen Programm im Beisein der Ehefrau und des Sohnes des Komponisten. 

Gerhard Scherer-Rügert reflektiert in seinem Referat auf berührende Weise persönliche Wegstationen mit Georg Katzer, die für die Entstehungsgeschichte und das Verständnis der Werke von Bedeutung sind. Das Auditorium erfährt, wie zielführend es sein kann, einen Verlag erst den zweiten und dann den ersten Band einer Ausgabe herausgeben zu lassen … In einem Symposion erörtern Studierende und Lehrende der Fachrichtung Akkordeon an den Musikhochschulen in Münster und Weimar gemeinsam Fragen und Antworten, die im Arbeitsprozess mit den Katzer-Kompositionen für die Akkordeonausbildung entstanden sind. Anschließend diskutieren Akkordeon-Alumni, wie diese an Hochschulen zukünftig gestaltet werden könnte. Zur Eröffnung und zum Abschluss des Tages lassen die Studierenden in neun Suiten eine Auswahl ihrer aufgenommenen Stücke in einer jeweils anderen Konstellation erklingen. Gleich einem dramaturgischen Bogen komplettieren Matias de Oliveiro Pinto und Claudia Buder diese Präsentationen mit zwei Katzer-Werken für Violoncello und Akkordeon. Ein begeistertes Publikum erfreut sich zweier Konzerte, die wie die CD-Aufnahmen selbst von höchster professioneller Qualität sind und Georg Katzers Musik in all ihrer ästhetischen Vielfalt spiegeln – immer gewürzt mit dem faszinierenden Momentum des Überrascht-Werdens und immer auch das „Schöne“ mit dem Neuen verbindend.

En avant! – où? Georg Katzer widmet sich dieser Thematik in seinem gleichnamigen Werk für Akkordeon solo. Vor uns liegt nun ein großartiges Geschenk von bleibendem Wert, das posthum den Komponisten als einen Meister seines Fachs würdigt. Welche Wirkung die CD und der dazugehörige Katalog auf seine Nachwelt entfalten werden, kann nur die Zukunft zeigen. Gleichwohl bereitet schon jetzt der Erfolg des gemeinsamen Tuns, welcher nur durch das bemerkenswerte Engagement aller Beteiligten bei diesem Projekt unter der Leitung von Prof. Claudia Buder möglich werden konnte, einen zweifelsfrei optimistischen Ausblick.

Stephan Bahr