Musik und Theater

Herausgegeben von Detlef Altenburg (†)
 

Band 1: Musik und Theater um 1800. Konzeptionen – Aufführungspraxis – Rezeption, hrsg. von Detlef Altenburg und Beate Agnes Schmidt, Sinzig 2012.

Das Weimarer Hoftheater war für Goethe und Schiller eine Experimentierbühne, auf der ihre klassizistische Theaterreform im Kampf gegen den weit verbreiteten Naturalismus Gestalt annahm. Das Musiktheater bildete hierbei ein zentrales Element ihrer multimedialen Konzepte. Zugleich waren die Oper, das Singspiel und das Schauspiel mit Chören, Gesang und Instrumentalmusik Bereiche, die ihre eigene Dramenproduktion entscheidend beeinflussten.

Die vorliegende Bilanz mit Beiträgen aus der Musik- und Theaterwissenschaft, Germanistik und Geschichte wirft ein neues Licht auf die Inszenierungspraxis und Alltagsproduktion des Theaters als interaktives System im 19. Jahrhundert.

Die Studien diskutieren anschaulich neben künstlerischen auch politische, wirtschaftliche und sozialgeschichtliche Faktoren einer Institution, die noch keine Spartentrennung kannte und in der Bildungsanspruch neben Unterhaltungswert und politischen Repräsentationsbestrebungen standen.

Das Buch richtet sich nicht nur an Forscher – Germanisten, Musik- und Theaterwissenschaftler ebenso wie Kulturhistoriker. Auch Theaterpraktiker finden hier eine Fülle von Ideen, Konzepten und Material für Inszenierungen und Bühnenpraxis ausgebreitet, dem interessierten Laien zeigt sich die Weimarer Klassik in unbekannter Perspektive.

Band 2: Thomas Radecke, Theatermusik - Musiktheater
Shakespeare-Dramen auf deutschen Bühnen um 1800, Sinzig 2007.

Auf dem Theater wie im Leben ist Shakespeare für nicht wenige deutsche Literaten und Philosophen um 1800 "Der Mensch! Die Welt! Alles!" (Gerstenberg)
Dabei schlugen seine Dramen als verspäteter Import auf deutschen Bühnen zunächst keineswegs wie eine Initialzündung ein, wurden sie doch von Wandertruppen erst lange anonym verballhornt. In Wielands Übersetzungen eroberte Shakespeare zunächst die Bretter deutscher Bücherregale. Doch erst durch Bearbeitungen mit Musik von jener Tragweite, wie sie von ihm selbst angelegt worden ist, erstürmt Shakespeare die Bretter, die die Welt bedeuten: "Theater, Kouliße, Komödiant, Nachahmung ist verschwunden." (Herder)


Herder, Goethe, Lenz und Schiller empfanden Shakespeares Stücke wie eine Befreiung aus aristotelischem Maßregelvollzug. Für Komponisten wie André, Benda, Reichardt oder Seyfried bedeutete die Aufgabe, einen Shakespeare bühnenwirksam zum Klingen zu bringen, einen Freibrief zum Experimentieren, wie sie ihn von einem Opernlibrettisten kaum ausgestellt bekamen. Radecke zeigt erstmals systematisch, wie die ästhetische Rezeption und dramaturgische Verarbeitung des Phänomens Shakespeare die Schauspielmusik in ihrer Blütezeit zu einem integralen Medium theatralischer Illusionsbildung werden ließ und auch der Musik an sich neue Stilmittel erschloss.

Band 3: Christoph Meixner, Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährenden Reichstages, Sinzig 2008.

Als "politischen Purzelbaum" bezeichnete im Jahr 1784 die Berliner Litteratur- und Theaterzeitung die dramatischen Vorgänge um das Regensburger Theaterleben: Der Fürst von Thurn und Taxis hatte als kaiserlicher Prinzipalkommissar die von ihm finanzierte Deutsche Nationalschaubühne zugunsten einer "glänzenden italienischen freyen Oper" aufgelöst - gegen den Widerstand der Reichstagsgesandten. Es folgte ein offener Schlagabtausch um die Theaterhoheit, der u. a. im gegenseitigen Boykott der Opern- und Schauspielaufführungen seinen Ausdruck fand.

Diese Episode macht die Sonderstellung sichtbar, die die Stadt des Immerwährenden Reichstags unter den Theaterspielstätten des 17. und 18. Jahrhunderts einnahm. Nur hier war es möglich, dass eine reichsstädtische Musik- und Festkultur und eine reichsfürstliche Hofkultur in ihren unterschiedlichen Ausrichtungen nebeneinander bestehen konnten, während ein fein abgestuftes Reichstagszeremoniell politische Auseinandersetzungen in kultivierte Bahnen lenkte - bis hinein in die Theatersäle. 
Auf der Basis neu erschlossener Quellen beschreibt der Autor die Entwicklung einer städtischen Theaterkultur, die über fast zwei Jahrhunderte hinweg an einem politischen Brennpunkt Europas einer Vielzahl unterschiedlicher Kräfte ausgesetzt war; ein Spannungsfeld, das unter fürstlicher Ägide aber auch einen einzigartigen Knotenpunkt im europaweiten Netzwerk der höfischen Opernbetriebe entstehen ließ.

Band 4: Axel Schröter, Musik zu den Schauspielen von August von Kotzebue. Zur Bühnenpraxis während Goethes Leitung des Weimarer Hoftheaters, Sinzig 2006.

Kaum ein anderer Dramatiker konnte sich um 1800 einer solchen Präsenz auf europäischen Bühnen erfreuen wie August von Kotzebue. Dies beruht auf seiner schier unvorstellbaren Produktivität, seinem sicheren Gespür für aktuelle Themen und nicht zuletzt seinem Instinkt für Bühnenwirksamkeit. In seinen Dramen sind Text, Szene, Aktion und Musik untrennbar miteinander verbunden - sie verwirklichen die Idee eines alle Künste einbeziehenden Gesamteindrucks. Kaum bekannt ist heute, wie sehr Kotzebues Bühnenwerke so den Fortschritt im Genre der Schauspielmusik vorantrieben und mit ihren präzisen Hinweisen zum Einsatz von Musik die Phantasie der Komponisten beflügelten. Dass sie auch in Weimar zu den am meisten gespielten Schauspielen der Ära Goethe gehörten, mag auf den ersten Blick nicht in das verklärte Bild vom Theater des Weimarer Musenhofes passen. Vor allem stellt sich die Frage, inwieweit die andernorts höchst beliebten Musikeinlagen sich an einem Hoftheater realisieren ließen, das im Bereich der Oper kaum mit eigenen Produktionen aufwarten konnte.

Schröters Studie zeigt, dass die Weimarer Aufführungen von Kotzebues Schauspielen nur bedingt vergleichbar ist denen in Europas Musikmetropolen. Denn hier griff man weniger zu eigens zu diesen Dramen komponierter Musik, sondern kompilierte Schauspielmusiken aus den Musikalienbeständen des Hoftheaters. Nur gelegentlich ergänzte man vorhandene Musik durch kleinere neue Stücke.

Band 5: Beate Agnes Schmidt, Musik in Goethes "Faust". Dramaturgie, Rezeption und Aufführungspraxis, Sinzig 2006.

Goethes Faust inspirierte wie kaum ein anderes Schauspiel bereits im 19. Jahrhundert namhafte und weniger bekannte Musiker zu Vertonungen. In Schuberts, Berlioz', Wagners, Schumanns oder Gounods Kompositionen eröffnete er ganz eigene Wege. Dies hängt mit der multimedialen Konzeption des Dramas zusammen. Schon sein erster Teil bündelt vielfältige Stränge und Traditionen des Musiktheaters. Kein Schauspiel um 1800 sah eine so vielfältige Mischung aus Liedern, Melodramen, Chor- und Instrumentalpassagen vor. Für das Theater der Goethezeit barg der Faust jedoch ungeheure Herausforderungen. Kaum bewusst ist noch heute, dass erst die Musik den eigentlichen Impuls für die ersten Aufführungen gab. Auch in Goethes eigenen Bühnenversuchen und den Gesamtaufführungen um 1830 spielte sie eine wichtige Rolle. Aus den Kompositionen Radziwills, Lindpaintners und Eberweins lassen sich nicht nur allgemeine Theaterkonventionen erschließen; sie vermitteln zudem Einblicke in die Inszenierungspraxis der Zeit, die Goethes vieldeutiges Stück mit Blick auf ganz bestimmte ästhetische Effekte und Wirkungen auslegte. Die Autorin zeigt auf der Grundlage neuer Quellenfunde eindrücklich, wie die bisher wenig untersuchte Gattung Schauspielmusik zu einem Experimentierfeld für das Musiktheater des 19. Jahrhunderts wurde.

Band 6: Axel Schröter, Der historische Notenbestand des Deutschen Nationaltheaters Weimar. Katalog, Sinzig 2010.

Die Weimarer Bühne zählte seit der Gründung des Hoftheaters 1791 zu den bedeutendsten deutschen Spielstätten ihrer Zeit. Schon unter Goethes Leitung zeichnete sie sich nicht nur auf dem Gebiet des Sprechtheaters, sondern auch der Oper durch ein bemerkenswert klares Profil aus. Herausragende Musiker wie Hummel, Liszt, Lassen, Strauss, Raabe und Abendroth haben dieser Tradition immer wieder neue Impulse verliehen. In der Ära Liszt entwickelte sich Weimar zu einem bis hin in die Neue Welt ausstrahlenden Mekka der musikalischen Avantgarde, das für die frühe Wagner-Rezeption von entscheidender Bedeutung war.

Das historische Aufführungsmaterial des Weimarer Theaters hat den großen Brand (1825) und zwei Weltkriege unbeschadet überstanden und ist in einer erstaunlichen Geschlossenheit erhalten geblieben. Die Schwerpunkte bilden Oper und Schauspielmusik. Die dichte Überlieferung des historischen Notenbestandes des Deutschen Nationaltheaters Weimar ist gleichermaßen ein Glücksfall für die Musik- wie für die Theaterwissenschaft. Denn die sich auf über 310 lfm erstreckenden Materialien umfassen nicht selten neben den Partituren, Klavierauszügen, Gesangs- und Orchesterstimmen auch die Text-, Soufflier-, Regie- und Szenarienbücher sowie die Rollenhefte.

Der vorliegende Katalog dokumentiert erstmals diesen heute im Hochschularchiv / Thüringischen Landesmusikarchiv Weimar verwahrten Bestand von der Ära Goethe bis Mitte des 20. Jahrhunderts und ist eine wahre Fundgrube für die Forschung und die historische Aufführungspraxis. Die ausführliche Einleitung vermittelt einen Überblick über die Zusammensetzung des Repertoires und gibt Einblicke in die Besonderheiten des Spielbetriebes dieser traditionsreichen Bühne.

Band 7: Cornelia Brockmann, Instrumentalmusik in Weimar um 1800. Aufführungskontexte – Repertoire – Eigenkompositionen, Sinzig 2009.

Dieses Buch räumt mit dem weit verbreiteten Vorurteil auf, die Dioskuren der Weimarer Klassik hätten die Instrumentalmusik der Wiener Klassik nicht zur Kenntnis genommen.

Auf der Basis neuer Quellenfunde weist die Autorin nach, dass in Weimar zwischen 1775 und 1800 ein bemerkenswertes Instrumentalmusikrepertoire zusammengetragen wurde, in dem nahezu alle bedeutenden Komponisten der Zeit vertreten waren. Vor allem die Sinfonien Joseph Haydns und anderer Komponisten aus dem Umfeld der Wiener Klassik gelangten in den Hofkonzerten und in den Zwischenakten des Theaters zur Aufführung.

Dass die Gattung Sinfonie im Weimarer Musikleben höchst präsent war, erweist sich auch am überraschend vielseitigen Schaffen des Hofkapellmeisters Ernst Wilhelm Wolf. Seine bislang nahezu unbekannten Sinfonien werden ausführlich vorgestellt, die auf CD-ROM beigefügten Partituren ermöglichen den Nachvollzug der Analysen.

Vor dem Hintergrund ihrer Forschungen formuliert Cornelia Brockmann schließlich neue Thesen im Hinblick auf den Stellenwert der Musik in den literarischen und ästhetischen Schriften von Goethe, Herder und Schiller und bereichert damit das gängige Bild der Weimarer Klassik um eine bislang unbekannte Facette.

Band 8: Cornelia Brockmann, Der Weimarer "Katalog über Noten für Instrumentalmusik um 1775". Faksimile, Edition und Kommentar, Sinzig 2010.

In welchen Streichquartetten meinte Goethe 'vier vernünftige Leute zu hören, die sich miteinander unterhalten'? An welchen Werken der 'Musik der Neuern' kritisierte Schiller ein Übermaß an Sinnlichkeit? Welche Musik zählte für Herder zur Kategorie des 'Erhabenen'? Auf welchem Erfahrungshintergrund basierte also die Musikanschauung der Dichter und Philosophen der Weimarer Klassik? Kannten sie überhaupt die aktuelle Instrumentalmusik der Wiener Klassik?

Auf diese und ähnliche Fragen gibt die vorliegende Faksimileedition des Katalogs über Noten für Instrumentalmusik um 1775 - einer bislang nahezu unbekannten Quelle zur Weimarer Musikgeschichte der Goethezeit - erstmals eine umfassende Antwort.

Die Autorin ermittelte anhand der im Katalog verzeichneten rund 1000 Notenincipits die genaue Zusammensetzung des Weimarer Instrumentalmusikrepertoires und rekonstruierte anhand detaillierter philologischer Recherchen die Genese dieses Bestandes. Sie zeigt, dass bereits im späten 18. Jahrhundert die Noten von vielen hundert Sinfonien und Kammermusikwerken aus dem Umfeld der Wiener Klassik in Weimar verfügbar waren, und weist nach, dass diese regelmäßig in den Konzerten am Hof, den Zwischenaktmusiken des Theaters und in öffentlichen Konzerten zur Aufführung gelangten.

Diese Erkenntnis erfordert eine grundlegende Neubewertung des Stellenwerts von Musik in der Literatur und Ästhetik der Weimarer Klassik, so dass die vorliegende Edition eine Lücke in der allgemeinen Geschichte der Residenzstadt, der Literatur- und Geistesgeschichte der Ära Goethe und nicht zuletzt auch der Musikgeschichte zur Zeit der Klassik schließt.

Band 9: Julia Stadter, Der Brief im Spiegel der Künste. Briefmotive und Bühnenbriefe in Malerei, Literatur und Musiktheater, Sinzig 2015.

Briefszenen sind seit dem 17. Jahrhundert in der Malerei, in Roman, Drama und etwas später auch in der Oper fast allgegenwärtig. Dennoch wurde die Anziehungskraft, die der Brief auf die Künste ausübt, nie in einem umfassenderen Zusammenhang untersucht. In einem interdisziplinären Zugriff verfolgt dieses Buch nun die Entwicklung des Briefs als Motiv bzw. Szenentyp in verschiedenen Künsten, Gattungen und Epochen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. Der Brief in den Künsten ist nicht bloß ein Stück Papier, das eine Nachricht transportiert. Seine Darstellung in einem Gemälde, seine textliche Abbildung im Roman oder seine Performanz als Requisit auf der Bühne gehen weit über die Imitation einer Alltagshandlung hinaus: Briefe sind nützlicher dramatischer Motor, verdichten und verwirren oder entwirren Handlungsstränge. Dabei kann der Brief in Malerei, Literatur und Musiktheater als lyrisches Moment, dramatisches Narrativ oder kritischer Spiegel der herrschenden Briefkultur fungieren. Dieses Buch thematisiert die Interdependenzen zwischen dem Briefzeitalter und dessen Reflex in Malerei, Roman, Drama und Musiktheater und wird so gleichsam zu einer Entdeckungsreise durch eine Kulturgeschichte des Briefs im Spiegel der Künste.

Band 10: Hannah Lütkenhöner, Eduard Lassens Musik zu Goethes Faust op. 57. Studien zur Konzeption, zu den Bühnenfassungen und zur Rezeption, Sinzig 2015.

Kaum ein Werk stellt für Dramaturgen, Regisseure und Komponisten eine derart hohe Herausforderung dar wie Goethes Faust. Es verwundert daher kaum, dass nach der Veröffentlichung 1832 fast ein halbes Jahrhundert verging, ehe Otto Devrient – Regisseur und Mephisto-Darsteller in einer Person – 1876 am Weimarer Hoftheater eine Aufführung beider Faust-Teile wagte. „Mysterium in zwei Tagewerken“ nannte er diese erste Gesamtaufführung. In enger Abstimmung mit Devrient komponierte der dänisch-belgische Komponist und Weimarer Hofkapellmeister Eduard Lassen die Musik dazu und entwickelte zugleich ein völlig neuartiges Konzept der Schauspielmusik. Dieses Buch stellt drei Inszenierungskonzepte der frühen Faust-Gesamtaufführungen vor (Weimar 1876, Hannover 1877 und Wien 1883), die Hannah Lütkenhöner aufgrund neu entdeckter Quellen rekonstruieren konnte. Sie gewähren einen Einblick in die Phase der Etablierung beider Teile des Faust auf deutschsprachigen Bühnen. Darüber hinaus geht die Autorin der weiteren Rezeptionsgeschichte von Lassens Faust-Musik nach: Im deutschen und ausländischen Sprachraum, auf der Bühne, im Konzertsaal und sogar im frühen Hörspiel wurde sie bis weit ins 20. Jahrhundert hinein aufgeführt – und erfuhr so eine für Schauspielmusiken nahezu beispiellose Verbreitung.